Birkenfeld: Bereits 1924 Interesse an Windkraft

Es ist wohl nichts so neu, wie es einem scheint und deshalb muss es nicht verwundern, dass es bereits 1924 Versuche gab, Windenergieanlagen kommerziell zu nutzen und dass diese auch in Birkenfeld wahrgenommen wurden.
Dennoch macht es Spaß, auf solche Entdeckungen zu stoßen und wir möchten deshalb den Fund, den unsere Kollegen beim Stöbern Archiv gemacht haben, mit Ihnen teilen.
Folgender Text ist in der 23. Ausgabe des Illustrierten Unterhaltungsblatts, einer Beilage der Birkenfelder-Zeitung 1924 auf Seite 92 erschienen:

Der Ventimotor

Diese überaus leistungsfähige Windkraftmaschine ist aufgrund letzter ärodynamischer Erkenntnisse, nach den Erfahrungen des Flugzeug- und Eisenbetonbaus, von der Ventimotor AG, Berlin,8036 erbaut worden und zeichnet sich neben hoher Leistung durch Zuverlässigkeit, Wartelosigkeit und sehr geringe Unterhaltungskosten aus.
Der Turmaufbau in Höhe von 9,5 bis 12 Meter bedarf keinerlei Pflege und Anstrich und ist daher den bisher üblichen Gittertürmen bei Windkraftwerken erheblich überlegen. Die Flügel des Ventimotors, die nur Dreiviertel des Durchmessers einer normalen Windmühle haben, sind nach ärodynamischen Erkenntnissen aufgebaut; Sie stellen sich selbsttätig in den Wind ein, so daß Windfahnen, Windrosen usw. entbehrlich sind. Die hauptsächlich wirkende Sogseite wird dadurch freigelegt, die Drehzahl wird durch überraschend kleine Schleuderklappen geregelt.
Die Ventimotorflügel (Ropeller) sind tragdeckähnlich gebaut und halten jeglichen Winddruck, der im Höchstfalle nur ein Drittel des beim Flugzeug auftretenden Fahrwindes beträgt, aus. Die überaus einfache und feste Konstruktion bringt eine unbedingte Sturmsicherheit und Zuverlässigkeit mit sich. Der Ventimotor läuft durchweg auf besten Kugellagern, sämtliche Zahnräder sind aus dem Vollen geschnitten. Unser Ventimotor dreht sich aber doppelt so schnell wie eine Windmühle und zehnmal so schnell wie ein Windmotor, so daß das Übersetzungsgetriebe ziemlich klein gehalten werden konnte. Es liegt ganz eingekapselt innerhalb des Kopfes der Eisenbetonsäule.
Die Kraftabnahme von hier aus geschieht auf verschiedene Weise und wird unten im Turm weitergeleitet. Eine Wartung ist nicht erforderlich, da eine selbstständige Schmierung, Einstellung und Regelung vorgesehen ist. Auch der elektrische Teil der Anlagen arbeitet durchaus selbsttätig. Es sind lediglich zweimal im Jahre die Schmiermittel zu ergänzen, im Abstand von einigen Jahren die Flügel nach Bedarf nachzustreichen. Die Lebensdauer der Akkumulatorenbatterien, die die Kraft aufspeichern, beträgt etwa 15 Jahre. Wir sehen aus allem diesem, dass der Ventimotor fast kostenlos arbeitet und somit die Anlage bald amortisiert wird.
Und was leistet nun der Ventimotor? Schon bei 7-8 Metersekunden Wind bringt er 60 PS, bei 15 Metersekunden Wind 300 PS auf. Wirbelungen werden vermieden, so daß der Ventimotor bei seinem unerreicht leichten Anlaufen schon bei 1,5 Metersekunden Wind Arbeit leistet, also in fast steter Betriebsbereitschaft ist.
Folgende Zahlen mögen die Leistung im Vergleich zu alten Anlagen illustrieren. Ist die Leistung pro Flächeneinheit beim Ventimotor 100 %, so ist sie bei der Windmühle 19 %, beim Windmotor bestenfalls 11 %. Die Anwendungsgebiete sind derart verschieden und vielseitig, daß sie im Rahmen unserer Ausführungen gar nicht alle angeführt werden können. Der Ventimotor kommt bei mechanischer Kraftabnahme für Pumpen und Mühlen jeglicher Art und Bohrtürmen in Betracht. Bei hydraulischer oder pneumatischer Kraftabnahme verwenden Preßluftanlagen und Druckwasserbetriebe die Kraft, noch größer sind die Anwendungsgebiete bei elektrischer Krafterzeugung (vorzugsweise für Gleichstrom von 2 x 220 Volt). Da eignet sich der Ventimotor zur Speisung von Lichtanlagen vom Einzelhaus bis zur Gemeinde und zur Kraftlieferung in der Landwirtschaft, Gewerbe, Industrie, Verkehr usw. Hersteller: Ventimotor A.-G., Berlin 80 36, Kottbuser Ufer 7.

Zeitungsabriss Ventimotor

Zeitungsabriss aus den Bestandteilen des Artikels über den Ventimotor

Der Ventimotor

Der Ventimotor

Erstellt von Dr. Viktor Klein